Low Carb Ernährung

Was ist eine Low Carb Ernährung? Wie funktioniert sie und warum wurde sie zum Trend? In diesem Artikel geben wir einen kurzen Überblick zu diesen Fragen.
Low Carb Definition

Inhalt

Zusammenfassung

Die Low Carb Ernährung…

  • reduziert die Menge an Kohlenhydraten in der täglichen Ernährung
  • verzichtet hauptsächlich auf zuckerhaltige Lebensmittel, Nudeln, Reis und Brot
  • besteht zu großen Teilen aus Gemüse, Fett (z.B. Nüsse) und Eiweiß (z.B. Fleisch, Fisch)
  • kann laut Studien zu Gewichtsverlust und einer Gesundheitsverbesserung führen
  • wird zur Therapie bei bestimmten Epilepsie- und Stoffwechselerkrankungen eingesetzt
  • wurde das erste Mal 1863 von dem übergewichtigen Bestatter William Banting beschrieben
  • verdrängt seit mehreren Jahren zunehmend die „Low Fat“ Bewegung
  • entwickelt kontinuierlich neue Ausprägungen, z.B. als Atkins-, Paleo- oder Keto-Diät
  • enthält je nach Ausprägung zwischen 20 – 150 Gramm Kohlenhydrate pro Tag

1. Definition

1.1 Was ist eine Low Carb Ernährung?

Grob zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine Low Carb Ernährung den Anteil der Kohlenhydrate im täglichen Speiseplan reduziert.  

Kohlenhydrate kommen von Natur aus in Getreide, süßen Früchten und stärkehaltigem Gemüse (z.B. Mais, Kartoffeln) vor. Bei der Low Carb Ernährung wird der Anteil der Proteine und Fette dementsprechend erhöht. Mittlerweile haben sich diverse Diätformen etabliert, die sich hinsichtlich der Art und Menge aufgenommener Kohlenhydrate unterscheiden. Häufig steht bei der Low Carb Diät das Ziel der Gewichtsabnahme im Vordergrund, allerdings können auch einige weitere Vorteile eine Rolle spielen, die über den Gewichtsverlust hinausgehen. Dazu gehört zum Beispiel die Therapie von Stoffwechselerkrankungen.

Wie der Name bereits andeutet, begrenzt die Low Carb Ernährung die Art und die Menge der Kohlenhydrate in der täglichen Ernährung.  

  • Low (englisch) = wenig
  • Carb (englisch, Abkürzung für „carbohydrates“) = Kohlenhydrate

Bei einer „Low Carb“ Ernährung werden weniger Kohlenhydrate aufgenommen (z.B. Zucker, Nudeln, Brot, Kartoffeln, Säfte etc.). Dafür steigt der Fett- und Eiweißanteil der Ernährung.


1.2 Was sind Kohlenhydrate und wie werden sie in Fett umgewandelt?

Kohlenhydrate bestehen aus Zuckermolekülen und gehören neben Fett und Protein zu den so genannten Makronährstoffen. Kohlenhydrate werden je nach Anzahl der einzelnen Zuckerbausteine (Saccharide) in drei Gruppen unterteilt:

  • Einfachzucker (Monosaccharide), z.B. Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucker (Fructose)
  • Zweifachzucker (Disaccharide): Haushaltszucker, Malz- und Milchzucker
  • Mehrfachzucker (Polysaccharide): z.B. als Stärke in Vollkornprodukten, Kartoffeln und Hülsenfrüchten enthalten

Einfach- und Zweifachzucker kommen vor allem in Süßigkeiten und Schokolade vor. Sie schmecken süß, sind aber mit Ausnahme von Obst meist bloße Energieträger. Sie enthalten viele Kalorien, aber keine Vitamine oder Mineralstoffe und lassen den Blutzuckerspiegel schnell in die Höhe schießen. Mehrfachzucker hingegen lassen den Blutzuckerspiegel nach dem Essen langsamer ansteigen, weil diese erst in die kleineren Zuckerbausteine umgewandelt werden müssen.

Bei steigenden Blutzuckerspiegeln wird die Produktion des Hormons Insulin angeregt, welches dafür sorgt, dass die Glukose in die Zellen des Körpers gelangt. Ein Teil der Glukose wird direkt als Energieträger verwendet, zum Beispiel beim Sport oder auch zum Aufrechterhalten der normalen Körperfunktionen wie Atmen. Darüber hinaus kann ein weiterer Teil der Glukose als Glykogen in den Leber- und Muskelzellen gespeichert werden. Auf diese Weise kann der Körper zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurückgreifen oder es in Fett umwandeln, sobald die Glykogenspeicher gefüllt sind.

Weitere Infos zum Stoffwechsel der Kohlenhydrate finden Sie hier.

Kohlenhydrate liefern dem Körper die einfachste Art der Energie. Wird diese Energie nicht benötigt, werden die Kohlenhydrate gespeichert bzw. in Fett umgewandelt.


1.3 Wann stellt der Körper auf die Fettverbrennung oder Ketose um?

Beispiel für eine Low Carb Mahlzeit

Fehlt es dem Körper an Kohlenhydraten, muss er auf andere Energiequellen zurückgreifen.

Die benötigte Energie wird zunächst durch den fett- und proteinhaltigen Teil unserer aufgenommenen Nahrung bereitgestellt. Das Fett wird dabei in seine einzelnen Fettsäuren zerlegt oder bei einem Überschuss in den Fettzellen abgespeichert. Proteine (Eiweiß) werden nicht langfristig gespeichert.

Werden im Rahmen einer Low Carb Diät nur wenige oder gar keine Kohlenhydrate aufgenommen, stellt der Körper die fehlende Glukose im Rahmen der so genannten Gluconeogenese selber her. Dazu bedient er sich der so genannten Aminosäuren, also den einzelnen Bausteinen der Proteine. Da dieser Vorgang allerdings noch nicht ausreicht, um den Energiebedarf zu decken, greift der Körper als nächstes auf das Fett zurück. Bei der Verbrennung von Fett entsteht unter anderem Glyzerin, das die Kohlenhydrate (Glucose) ersetzen kann. So kann der Stoffwechsel aufrechterhalten werden, ohne dass Kohlenhydrate direkt zugeführt wurden.

Wird die Low Carb Diät als ketogene Diät über einen längeren Zeitraum durchgeführt, wechselt der Körper in die Ketose. Dabei stellt er Ketonkörper her, die von den Organen und insbesondere vom Zentralnervensystem als Energielieferant genutzt werden können. Diese bilden somit den Ersatz für die fehlende Glukose.

Die meisten chemischen Prozesse im Körper werden von Hormonen gesteuert. So auch bei der Fettverbrennung, bei dem das Hormon Glukagon wichtig ist. Es ist der Gegenspieler des Hormons Insulin, das bei steigendem Blutzucker ausgeschüttet wird. Insulin sorgt dafür, dass die Glukose in die Glykogen- oder Fettspeicher eingelagert wird. Ohne Kohlenhydrate in der Nahrung bleibt der Insulinspiegel niedrig, daher kann das Glukagon uneingeschränkt den Abbau von Fettgewebe fördern.

Bei Mangel an Kohlenhydraten greift der Körper zur Energiegewinnung auf Fett und Proteine zurück.


1.4 Wie viel Gramm Kohlenhydrate enthält eine typische Low Carb Ernährung?

Zuckerwürfel sind einfache Kohlenhydrate

Es gibt zwar keine genaue Definition, aber in der Regel bezeichnen wir eine Ernährung als „kohlenhydratarm“, wenn sie weniger als 150 Gramm Kohlenhydrate pro Tag enthält. Allerdings sollte man bedenken, dass diese Menge von Person zu Person variieren kann. Wir empfehlen daher ein langsame Reduktion bis zu dem Punkt, in dem es sich auch langfristig als Ernährungskonzept im Alltag umsetzen lässt.

Eine nahezu kohlenhydratfreie oder Very-Low Carb Diät stellt die so genannte Keto-Diät dar, bei der sogar weniger als 20-50 Gramm Kohlenhydrate pro Tag aufgenommen werden.  Dies ist notwendig, um in den gewünschten Ketose-Stoffwechsel zu gelangen. Wie schwierig dies durchzuführen ist, wird beim genauen Blick auf die Nährwerte von alltäglichen Lebensmitteln deutlich.

Kohlenhydrate stecken in fast allen Lebensmitteln, selbst in Gemüse und Obst. Vor allem bei industriell verarbeiteten Lebensmitteln sollte man auf die Zutatenliste achten, weil hier häufig Kohlenhydrate als Geschmacksträger versteckt werden, z.B. in Form von Glukose-Fruktose-Sirup.

Allerdings gibt es momentan keine klar abgegrenzte Definition der Low Carb Diät, was die kontroversen Diskussionen zusätzlich anheizt. Wie unterschiedlich die Definitionen ausfallen, zeigt ein Artikel des American Journal of Clinical Nutrition, den Sie hier finden.

Je nach Ausprägung werden bei einer Low Carb Ernährung weniger als 150g Kohlenhydrate pro Tag aufgenommen.


2. Entwicklung

2.1 Wie ist die Low Carb Ernährung entstanden?

Der „Urvater der Low Carb Diäten“William Banting veröffentlichte bereits 1863 einen „Brief über Korpulenz an die Öffentlichkeit“. Er war ein übergewichtiger Bestattungsunternehmer und beschrieb darin die erste Diät zur Gewichtskontrolle. Seine Broschüre wurde so oft gelesen, dass sogar einige Leute den Begriff „Banting“ synonym für das Wort „Diät“ verwendeten. 

Im Jahr 1967 veröffentlichte Dr. Irwin Stillman „The Doctor’s Quick Weight Loss Diet“. Die „Stillman Diät“ ist eine proteinreiche, kohlenhydratarme und fettarme Ernährung. Es gilt als eine der ersten kohlenhydratarmen Diäten, die in den USA populär wurden. Andere kohlenhydratarme Diäten in den 1960er Jahren waren die „Air Force Diet“ und die „Drinking Man’s Diet“.  

Der österreichische Arzt Dr. Wolfgang Lutz veröffentlichte 1967 sein Buch „Leben ohne Brot“. In der englischsprachigen Welt wurde es jedoch kaum wahrgenommen. Nach ihm wurde die spätere „Lutz-Diät“ benannt.

Im Jahr 1972 veröffentlichte Dr. Robert AtkinsDr. Atkins Diet Revolution“, die eine kohlenhydratarme Diät befürwortete, die er erfolgreich in der Behandlung von Patienten in den 1960er Jahren verwendet hatte. Das Buch war zwar erfolgreich, aber aufgrund der damaligen Forschung, die auf Risikofaktoren im Zusammenhang mit überschüssigem Fett und Protein schließen lässt, wurde es von der medizinischen Fachwelt als gefährlich und irreführend kritisiert, was seine Attraktivität zu dieser Zeit einschränkte. Kritiker wiesen unter anderem darauf hin, dass Dr. Atkins seine Theorien nur wenig recherchiert hatte und sie hauptsächlich auf Anekdoten basierte.  

Das Konzept des glykämischen Index wurde 1981 von Dr. David Jenkins erfunden. Dieses Konzept bewertet Nahrungsmittel nach ihrem Insulinbedarf – bei schneller Verdauung einfacher Kohlenhydrate mit hohem Insulinbedarf und langsamer Verdauung komplexer Kohlenhydrate wie Getreide mit niedrigerem Insulinbedarf.

Bereits in den 1960er Jahren gab es „Low Carb“ Diäten. Damals war allerdings die „Low Fat“ Bewegung stärker und warnte vor der fettreichen, kohlenhydratarmen „Low Carb“ Ernährung.


2.2 Die 1990er: Beginn der Dr. Atkins Bewegung

Frau kocht Low Carb

In den 1990er Jahren veröffentlichte Dr. Atkins die Neuauflage „Dr. Atkins New Diet Revolution“ und weitere Ärzte begannen, Bücher basierend auf den gleichen Prinzipien zu veröffentlichen. Dies legte den Grundstein für die Low Carb Bewegung

Während der späten 1990er und frühen 2000er Jahre wurden Low Carb Diäten zu einigen der beliebtesten Diäten in den USA und breiteten sich in viele Länder aus. Diese wurden von einigen Lebensmittelherstellern sogar mit wesentlichen Auswirkungen auf ihre Geschäfte wahrgenommen obwohl die allgemeine Medizin vor dieser Ernährungsweise warnte. Gleichzeitig begannen dennoch einige Ärzte und Institutionen ihre Ratschläge in Richtung einer Low Carb Ernährung anzupassen. 

In den 1990er und 2000er Jahren wurde auch eine zunehmende Anzahl klinischer Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von kohlenhydratarmen Diäten veröffentlicht (zum Beispiel eine NEJM-Arbeit von Halton et al. aus dem Jahr 2006, in der Studie über 20 Jahre beschrieben wird).

Anfang der 90er Jahre begann der Aufstieg der „Low Carb“ Diäten aufgrund der Verbreitung der Atkins-Diät und der Veröffentlichung wissenschaftlicher Studien.


2.3 Die 2000er: Beginn von Paleo, Keto & Co.

Vor einigen Jahren wurde der Fokus stärker auf die Vorbeugung spezieller Erkrankungen gelegt, bei der eine Low Carb Diät positive Effekte haben soll. Dazu zählt unter anderem die „Blutzucker-Diät“ – eine kohlenhydratarme, mediterrane Ernährung

Zu Beginn der 200er Jahre wurden die „Paleo Diät“ und die „South Beach Diät“ beliebt. Während die Paleo-Diät sich auf die Ernährungsweise aus der Steinzeit konzentrierte, wurde die South Beach Diet stärker auf den glykämischen Index hin ausgerichtet. Durch eine geringere Kohlenhydratzufuhr sollte so die glykämische Last verringert werden.

Diese beinhaltete bereits Elemente des nächsten Ernährungstrends, nämlich dem Einlegen von intermittierenden Fastentagen, auch bekannt als Intervallfasten. Sie wurde vor allem Personen mit einem Risiko für Diabetes Typ 2 oder metabolischem Syndrom empfohlen. 

Weitere Popularität gewann die Low Carb Ernährung aufgrund ihrer Verwendung im therapeutischen Bereich. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass eine ketogene Diät bei neurologischen Erkrankungen wie beispielsweise Epilepsie einen positiven Effekt erzielen konnte. Da sich die ketogene Diät auch für die Gewichtsabnahme und den Muskelaufbau eignete, weitete sich das hohe Interesse auch in den nicht-therapeutischen Bereich und die Bodybuilding Szene aus.

Seit den 2000er Jahren entwickeln sich zahlreiche Low Carb Trends. In den letzten Jahren gewinnen das Intervallfasten und die ketogene Ernährung zunehmend an Bekanntheit.

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